In 2024 erschien die neue Studie von Prof. Dr. Ludger Heidbrink: „Nichtverantwortlichkeit. Zur Deresponsibilisierung der Gesellschaft“ (Velbrück Wissenschaft). In seinem Vortrag wird Ludger Heidbrink, Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Philosophie an der Christian-Albrechts Universität zu Kiel, seine Thesen präsentieren und zur Diskussion stellen.
Hochmoderne Gesellschaften haben einen besonderen Verantwortungsbedarf entwickelt, mit dem sie auf die Zunahme komplexer Prozesse wie den Klimawandel oder die Digitalisierung reagieren. Gleichzeitig gelingt es immer seltener, die Folgen dieser Prozesse zweifelsfrei auf Urheber zurückzuführen und Verantwortliche für entstandene Schäden zu finden. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, den Blick umzukehren und vom Normalfall der Nichtverantwortlichkeit auszugehen: Unter welchen Umständen wird es möglich, Personen, Akteure oder Organisationen von ihrer Verantwortung freizusprechen, ohne sie dadurch vorschnell zu entlasten?
Ludger Heidbrink legt in seiner Studie eine Reihe von Kriterien zur genaueren Unterscheidung zwischen einer legitimen Unverantwortlichkeit und einer illegitimen Verantwortungslosigkeit vor. An Beispielen wie dem Organisationsversagen, der Postdemokratie, der KI-getriebenen Automatisierung und der Kritik am Moral Responsibility System arbeitet er die Grundzüge einer Theorie der Nichtverantwortlichkeit heraus, die sich vorrangig mit dem Scheitern verantwortlichen Handelns befasst.