MATINÉE mit Livestream
Der ISAF-Einsatz wurde von einer mit fast missionarischem Eifer vorgetragenen Erzählung begleitet, dass die militärische Präsenz der ausländischen Truppen die Voraussetzung für den Wiederaufbau des Landes sei. Aus Afghanistan sollte ein sicheres, freies und demokratisches Land gemacht werden, in dem die Menschenrechte geachtet werden. Verlängerungen des Einsatzes wurden mit dem Ziel begründet, diese Fortschritte im Bereich Demokratie und Menschenrechte zu sichern.
An wiederkehrenden Debatten über die Verhältnismäßigkeit von Mitteln der Terrorismusbekämpfung und auch am abrupten Abzug 2021 wurde jedoch auch deutlich, dass keineswegs stets die Menschenrechte die leitende Handlungsmaxime waren. Vielmehr wurden diese nicht selten anderen politischen Interessen untergeordnet. Die Art und Weise des Handelns des Westens hat den Vorwurf einer Doppelmoral befeuert. Die mangelnde Glaubwürdigkeit der Verweise des Westens auf die Menschenrechte wurde – gerade auch von autokratischen Akteuren – dankbar genutzt, um die Menschenrechte als vermeintlich westliche Ideologie zu diffamieren und eigene Menschenrechtsverletzungen damit zu relativieren.
Im Rahmen des diesjährigen Lichtenberg Gesprächs wollen wir daher kritisch über die menschenrechtlichen Ziele und Praxis des deutschen Engagements in Afghanistan reflektieren und diskutieren, welche Lehren sich daraus für das zukünftige globale Engagement – auch in anderen regionalen Kontexten – ergeben sollten.
Podium:
Erik Kurzweil, Beauftragter für Indopazifikpolitik, Südasien und Afghanistan im Auswärtigen Amt
Dr. Gulrahim Safi, Afghanistan-Komitee für Frieden, Wiederaufbau und Kultur e.V.
Derya Türk-Nachbaur, MdB, Obfrau der SPD-Fraktion in der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ des Deutschen Bundestages
Dr. Michael Lüders, Islamwissenschaftler, Publizist und Sachverständiger in der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ des Deutschen Bundestages
Anna Dirksmeier, Afghanistan-Expertin bei Misereor
Moderation:
Dr. Jörg Lüer, Geschäftsführer der Deutschen Kommission Justitia et Pax
Die Veranstaltung wird auch als Livestream übertragen werden: https://youtube.com/live/JdN5OdCs3D8?feature=share
Über das Lichtenberg Gespräch
Die Deutsche Kommission Justitia et Pax und die Katholische Akademie Berlin veranstalten jährlich am 5. November, dem Gedenktag des Seligen Bernhard Lichtenberg eine Diskussionsveranstaltung zu einem menschenrechtlichen Thema.
Bernhard Lichtenberg war zur Zeit des Nationalsozialismus Domprobst in Berlin. Als solcher leitete er ab 1938 das „Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin“, das vielen Katholikinnen und Katholiken jüdischer Abstammung bei der Emigration aus Nazi-Deutschland half. Lichtenberg protestierte gegen die Verbrechen des Nazi-Regimes auch öffentlich lautstark und setzte sich für den Frieden ein. Aufgrund seines Widerstandes wurde Lichtenberg schließlich verhaftet und verstarb, während er in das KZ Dachau deportiert werden sollte. Vor seiner Verhaftung 1941 betete Lichtenberg täglich öffentlich auf seiner Kanzel in der St.-Hedwig-Kirche für die Opfer des NS-Regimes, insbesondere auch für seine jüdischen Mitbürgerinnen und -bürger.
Lichtenbergs außerordentlicher Einsatz für die Menschenwürde und den Frieden dienen uns auch heute noch als Vorbild. An seinem Gedenktag wollen wir daher aktuellen menschenrechtlichen Problematiken Aufmerksamkeit verschaffen und Lösungsansätze diskutieren.