Veranstaltungsarchiv

Maria zwischen jüdischer und katholischer Renaissance: Literarische Begegnungen mit der Mutter Gottes

Termin: 08.12.2023
Beginn: 19:00 Uhr
Ort: Katholische Akademie in Berlin, Hannoversche Str. 5, 10115 Berlin

Im Zentrum des Abends steht ein unbekannter Roman aus dem Renaissance-Diskurs der Moderne: Schalom Asch (1880-1957) zeigt in „Die Zauberin von Kastilien“ (Berlin 1929, jiddisches Original 1921) eine junge Jüdin im Rom des 16. Jahrhunderts, die ein christlicher Maler als Madonna auf die Leinwand bringt. Sie wird von den katholischen Betrachtern des Bildes als Trägerin des Heiligen inbrünstig verehrt — bis man sie als Mädchen aus dem Ghetto ‚entlarvt‘ und öffentlich verbrennt. Die faszinierende Erzählung berührt markante Problemfelder der Moderne wie ‚Vernunft, Empirie und Aberglaube‘ bzw. ‚Fanatismus, Agitation und Verblendung’. Reizvoll erscheint der Vergleich mit Franz Werfels Roman über eine nunmehr ganz individuelle Marienerscheinung: Auf der Flucht vor seinen Verfolgern leistet Werfel im August 1940 im katholischen Wallfahrtsort Lourdes ein Gelübde: er würde über die wunderbaren Marienerscheinungen der Bernadette Soubirou einen Roman schreiben, wenn er verschont bliebe und heil in die USA gelange. Franz Werfel überlebt, erreicht im Oktober 1940 die Staaten und löst das Gelübde dort umgehend ein. Er schreibt in nur fünf Monaten den umfangreichen Roman „The Song of Bernadette“ („Das Lied von Bernadette“), der sofort nach seinem Erscheinen zu einem gigantischen Erfolg beim Publikum wie bei der Kritik werden sollte — was für den Autor nicht zuletzt auch finanziell die Rettung bedeutete: hohe Verkaufszahlen, eine kultische Verfilmung und zahlreiche Übersetzungen sorgten für die globale Verbreitung des Werkes.

 

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