Die Flucht nach Ägypten ist ein später Roman Preußlers, erstmals erschienen 1978. Es erzählt eine poetische Version der Ereignisse nach der biblischen Weihnachtsgeschichte, nämlich die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Nur führt diese Flucht hier von Bethlehem zunächst direkt ins Königreich Böhmen zur Zeit der k.u.k.-Monarchie. Preußler verschiebt also seine Weihnachtsgeschichte nicht nur in geographischer Hinsicht, sondern auch in zeitlicher: Die Flucht führt die heiligen Wandersleute aus Bethlehem durch das Königreich Böhmen, durch eine Zeit also, die chronologisch vor den großen Katastrophen liegt, die diese Gegend später heimgesucht haben (und mit denen Preußler aufgewachsen ist?). Und da zu dieser (Reichenberger?) Kindheit auch böhmische Weihnachtskrippen und Gottesdienste gehören, begegnet die kleine Familie auf ihrem Weg nach Ägypten auch der Erzählung über sie selbst…
„Die Flucht nach Ägypten“, schrieb die Kritik, „ist ein sehr persönliches Buch, ein Buch über Kindheitserinnerungen, über die Natur des Menschen, die vielgestaltigen Formen des Mit- und Gegeneinander von Deutschen und Tschechen in Böhmen und die Bürokratie der Habsburger-Monarchie. Es ist ein Spiegel, ein Meisterwerk der feinen und feinsinnigen Beobachtung, voller erzählerischer Kapriolen und spitzer Ironie ohne dabei allerdings je irgendjemanden zu verletzen. Es
ist zum Schreien komisch, tieftraurig, nachdenklich, es ist ein brillantes Sprachkunstwerk; es ist schlichtweg alles.“
Preußler hat ein poetisches Sprachkunstwerk geschaffen, das – hier stimmt der Satz wirklich einmal: – allen Menschen von 9 bis 99 Freude macht. Begleitet von Bildern böhmischer Weihnachtskrippen beginnt der Abend mit einer Einführung in den Roman und einer biografischen Einordnung durch den Schriftsteller Michael Kleeberg. Der österreichische Schauspieler Erich Langwiesner wird unterschiedliche Passagen aus dem Roman vortragen – natürlich in dem „böhmakelnden“ Tonfall, in dem der ganze Roman gehalten ist.
Michael Kleeberg lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Berlin. 2018 erschien sein Roman „Der Idiot des 21. Jahrhunderts. Ein Divan“. Für sein Buch „Das amerikanische Hospital“ (2011) wurde er mit dem Evangelischen Buchpreis ausgezeichnet.
Erich Langwiesner ist ein österreichischer Schauspieler und Schriftsteller, der an den verschiedensten Theatern (Staatstheater Oldenburg, Städtische Bühnen Osnabrück u.a.) engagiert war und zurzeit am Landestheater Linz spielt.