Die Arbeit an Epochenschwellen, insbesondere die Säkularisierung christlicher Heilserwartung als Ursprung der Geschichtsphilosophie, war das Lebensthema von Karl Löwith. Nach 1945 aus dem Exil mit den Stationen Italien, Japan und USA zurückgekehrt, wurde er in Heidelberg zu einer prägenden intellektuellen Gestalt der frühen Bundesrepublik. Anlässlich seines 50. Todestages gilt es, an sein Werk und Wirken zwischen Judentum und Christentum, zwischen Antike und Moderne zu erinnern.
Karl Löwith war wie Hans Jonas, Hannah Arendt und Herbert Marcuse einer der Schüler und Kritiker Martin Heideggers, die als Juden während des Nationalsozialismus gezwungen waren zu emigrieren und deren Schriften zu den Umbrüchen der modernen europäischen Geistesgeschichte uns bis zum heutigen Tage beschäftigen.
Angesichts dieser biographischen Erfahrungen ist es umso erstaunlicher, dass in Karl Löwiths Werk eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Juden und Judentum“ nahezu nicht vorkommt. Im Gespräch mit Micha Brumlik und Eveline Goodman-Thau erkunden wir die Motive für dieses Schweigen.