Inmitten einer angeblich säkularen Epoche thront er zwischen Judentum und Katholizismus als Geburtshelfer einer mächtigen Renaissance religiöser Kulturkritik.
Der Abend lädt zur Begegnung mit Friedrich Heer ein, dessen beeindruckendes Werk von mehr als 50.000 Buchseiten nach 1945 die große Tradition österreichischer Kulturgeschichtsschreibung fortsetzt, vergleichbar dem Wirken des Universalgelehrten und „genialen Dilettanten“ Egon Friedell.
Ausgezeichnet als erster Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille 1968 für seine wegweisende historische Streitschrift „Gottes erste Liebe. 2000 Jahre Judentum und Christentum. Genesis des österreichischen Katholiken Adolf Hitler“, scheute er vor keiner Konfrontation zurück. Als Patriot, Europäer und Aufklärer, aber auch als glühender Bewunderer Maria Theresias oder des christlichen Mittelalters vereinigte er eine Vielzahl von Gegensätzen in seiner Person. Für das christlich-jüdische Gespräch wurde er mit unbequemen Interventionen regelmäßig zum wichtigen Impulsgeber. Die Buber-Rosenzweig-Medaille wurde ihm gemeinsam mit dem Berliner evangelischen Theologen Friedrich-Wilhelm Marquardt verliehen. Die darin angedeutete Wechselwirkung zwischen dem intellektuellen Leben Wiens und Berlins nach 1945, insbesondere mit Blick auf das erst neu wachsende christlich-jüdische Gespräch, gilt es zu erkunden.