Umsturz in Ägypten, Aufruhr in der Türkei, Entspannung im Iran – die drei größten Völker im Nahen Osten ringen um die Rolle des Islam in ihren Gesellschaften. In Ägypten eskalierte ein millionenfacher Aufruhr des Volkes zum Militärputsch gegen den islamistischen Präsidenten Muhammed Mursi. In der Türkei boten hunderttausende Demonstranten wochenlang Regierungschef Recep Tayyip Erdogan die Stirn. Im Iran hieven die Wähler im ersten Anlauf einen älteren Geistlichen auf den Präsidentensessel, bloß weil dieser es gewagt hatte, die erstickende Sicherheitsatmosphäre im Land zu kritisieren und den Bürgern eine Charta privater Freiheitsrechte zu versprechen.
So unterschiedlich die Konflikte auf den ersten Blick erscheinen, so gemeinsam sind ihre Wurzeln. Millionen Menschen sind es leid, sich mit frommen Vorschriften islamischer Doktrinäre bis in ihr Privatleben hinein bevormunden zu lassen. Wie also entwickelt sich das Verhältnis von Religion und Politik in der Region? Und wie staatsfähig ist der politische Islam?