In Syrien und der gesamten Levante haben sich in den letzten Jahrzehnten einige westliche Länder als Vermittler oder Helfer engagiert oder sich als solche präsentiert. Selten schaut man dabei auf Italien und den Vatikan. Seit 2006 und dem vorletzten Krieg von Israel gegen den Libanon hatten beide Mächte in Rom, am Anfang durch die Regierung des Christdemokraten Romano Prodi, ihre Beziehungen mit der ganzen Region intensiviert. Wie kann man die Rolle im „Großen Syrien“ beiden Nationen beschreiben, insbesondere seit Ausbruch der Aufstände in mehreren arabischen Ländern seit 2011? Was ist der historische Hintergrund dafür und wie war die Beziehung zwischen der italienischen Republik und dem Vatikan in Bezug auf Syrien?
Johannes Waardenburg, Professor für Geschichte der Arabischen Welt in Mailand, beleuchtet das außenpolitische Dreieck zwischen Syrien, Italien und dem Vatikan. Er stellt die Frage, wie die Aufstände in der Arabischen Welt auch die italienische Politik und die Wirtschaft beeinflusst und eine veränderte politische Haltung hervorgerufen haben. Außerdem wird deutlich, dass der wenig sichtbar agierende Vatikan eine entscheidende, aber subtile Rolle in der Region spielt – nicht nur bei der Verhandlung zur Freilassung von Geiseln oder bei humanitärer Hilfe – sondern auch mit seiner Außenpolitik.
Johannes Waardenburgs jüngste zweibändige Monographie über die Geschichte des unabhängigen Syriens (1963 – 2018) La Siria Contemporanea: ridisegnando la Carta del Vicino Oriente (Rom, Ipocan, 2021) ist in Italien zum Referenzwerk zu diesem Thema geworden. Er arbeitet jetzt an einer kritischen Anschauung der VN-Kommission über Syrien.