Dass ein Philosoph oder ein Soziologe sein umfangreichstes und vermutlich intellektuell ehrgeizigstes Werk im Alter von neunzig Jahren veröffentlicht, ist nicht gewöhnlich. Wenn es sich dabei zudem noch um den bekanntesten öffentlichen Intellektuellen der Bundesrepublik Deutschland handelt, darf das Buch zu Recht mit einem starken Interesse rechnen.
Vittorio Hösle ehrt das Buch durch gründliche Lektüre und die Explikation einiger Hintergrundannahmen, an der er uns teilhaben lässt. Er gibt dabei den Blick frei auf Habermas‘ Faszination vor der Religion, insbesondere dem Rätsel ihrer sozialen Unersetzbarkeit selbst in einem säkularen Zeitalter. Bei Habermas resultieren daraus jedoch weder Anwandlungen von Bekennersehnsucht noch eine Anerkennung des Vernunftanspruchs von Religion. Das Bemühen um eine rettende Übersetzung religiöser Traditionen konfrontiert deshalb mit der Legitimität von Weltbildern. Gibt es einen Erkenntnisanspruch des Glaubens im Ensemble der Wissenschaften?