Dürfen Christen ALLES essen und trinken? Auch wenn es heute anders scheint und im abendländischen Christentum Speiseregeln allenfalls noch in der vorösterlichen Fastenzeit eine kleine Rolle spielen, ist die Geschichte des Christentums voller Auseinandersetzungen darüber, was gegessen werden darf und was nicht.
Dass es eben keine Speisegebote gibt, erscheint vielmehr als das, was das Christentum wesentlich von Judentum und Islam unterscheidet. Dabei definierte und profilierte sich das Christentum über Jahrhunderte hinweg gerade über seinen besonderen Umgang mit ganz bestimmten Speisen: Fleisch und Blut, Brot und Wein. Sie stehen nicht nur im Mittelpunkt des Abendmahls, auch im Alltag wurde ihr Konsum aufs Schärfste reglementiert. Blutgenuss war sogar gänzlich verboten, weil Blut als Sitz des Lebens allein Gott gehört und der menschlichen Verfügbarkeit entzogen ist.
Welche Rolle diese spezifischen Speisen in der Geschichte des Christentums gespielt haben und welche Potentiale sie für aktuelle Debatten um die Bewahrung der Schöpfung bieten und Ausdruck gelebten Glaubens sein können, wird Thema des Abends sein.
Dr. Ulrike Kollodzeiski hat Jüdische Studien, Religionswissenschaft und Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam studiert. Sie hat an der Goethe Universität Frankfurt a.M. in Religionswissenschaft über Vermittlung von Orient und Okzident im Reisebericht ‚Viaggi‘ von Pietro Della Valle (1586-1652) promoviert. Seit 2019 arbeitet sie im Institut für Religionswissenschaft und Jüdische Studien an der Universität Potsdam und forscht zum Thema Speiseverbote im antiken Christentum. Zusammen mit Johannes Hafner gab sie den Band „Du sollst nicht essen. Warum Menschen auf Nahrung verzichten – interdisziplinäre Zugänge“ heraus.
Prof. Dr. Johann Ev. Hafner ist seit 2004 Professor für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Christentum an der Universität Potsdam. Er hat Gastdozenturen in Bangalore, Qom, Wien, Dayton und Los Angeles wahrgenommen. Seit 2017 ist er Direktor des „Forum Religionen im Kontext“. Seine Forschung beschäftigt sich u. a. mit ökologischer Ethik, dem frühen Christentum, transzendenten Zwischenwesen und Befreiungstheologie.